Guido Lange – Abenteurer, Autor und Verleger

Ich traf Guido Lange auf der Frankfurter Buchmesse und blieb sofort bei seinem aufwändig illustrierten Reise-Buch „Abenteuer Island“ hängen. Wir kamen schnell ins Gespräch und waren uns auf Anhieb sympathisch. Als passionierter Reisender mit ausgeprägtem Bewegungsdrang entdeckt er seit Jahren die Welt auf eigene Faust. Dabei erkundet er die verschiedenen Regionen Europas vorwiegend zu Fuß oder mit dem Fahrrad, was ihm tiefe Einblicke ermöglicht, die er in seinen Werken lebendig beschreibt.

Guido Lange: „In meiner Freizeit bin ich Abenteurer und Autor und sogar Verleger. Ich erkunde Europa auf meine Weise und in den Wintermonaten mache ich dazu ein Buch. Um den Kopf auszulüften, laufe ich durch den Wald oder an Rhein und Mosel entlang. In der heißen Jahreszeit fahre ich lieber mit dem Rad, oft auch zur Arbeit.“

Guido Lange, was machst Du beruflich, wo liegt dabei der Fokus?

Nach vielen Jahren im Vertrieb eines großen Medienkonzerns bin ich jetzt „Mädchen für alles“ in einem ambulanten Pflegedienst in Koblenz. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Arbeit im sozialen Bereich so viel Freude macht, obwohl ich für alles das zuständig bin, was die anderen nicht gerne machen: Abrechnungen, Formulare, Reklamationen, Bürokratie, Statistik, Probleme mit Geschäftspartnern lösen.

In welchem Bereich fühlst du Dich am wohlsten und warum?

Ich fühle mich am wohlsten unter Menschen, im Beruf und in der Freizeit. Wenn ich im Abenteuer unterwegs bin, kann ich zwar viele schöne Fotos machen, aber die Region verstehen kann man nur, wenn man Menschen kennen lernt. Und wer Hunger hat und übernachten will, hat nur diese Möglichkeit.

Viele Menschen spüren, dass sich die Welt um sie rasant schnell verändert. Wir nimmst Du dies wahr, was sind Deine Konsequenzen?

Das kann vielleicht stimmen, aber ich glaube nicht, dass das ein neues Phänomen ist. Zu jeder Zeit wird es rasante Umbrüche gegeben haben, immer relativ zur Entwicklungsgeschwindigkeit der Wissenschaft und Gesellschaft. Ich nehme wahr, dass sich vieles ändert, sehe aber darin Chancen.

Wenn man zum Beispiel junge Menschen im Beruf nimmt. Da könnte man zu Ansicht kommen, dass sie oberflächlicher sind und nicht mehr so fundiert gebildet. Ich schüttele das Gefühl ab und sehe den kreativen und innovativen Part bei jungen Menschen. Für das Basiswissen sind wir älteren die ideale Besetzung und geben das im Laufe der Zeit weiter. Wenn man Digitalisierungsprojekte nimmt, könnte man verzweifeln, wie schlecht sie teils umgesetzt sind. Die Weisheit aber, darin den guten Kern zu sehen, hat man erst als erfahrener Mensch.

Welche Lebensmodelle haben in Zukunft die besten Chancen?

Auch wenn ich die Welt damit kaum ändern kann: Regional, unverpackt, ökologisch, sozialverträglich, diskriminierungsfrei, fair gehandelt, mit wenig CO2-Abdruck, das sind Attribute für Produkte, für Reisen, für alles was wir machen (sollten). Klüger zu sein, als Schreihälse, nachzugeben, wenn es angebracht ist, das habe ich mir angewöhnt und damit komme ich sehr weit.

Ich besitze einen Oldtimer mit hohem Benzinverbrauch, was zunächst kritisch gesehen werden könnte. Da ich damit jedoch nur 3.000 Kilometer pro Jahr fahre und ansonsten sehr wenig CO2 produziere, ist die Gesamtbilanz durchaus positiv. Ein wichtiger Aspekt dabei ist, dass kein neues Fahrzeug produziert werden muss. Im Vergleich dazu verbrauchen andere Autofahrer, die häufig Kurzstrecken zurücklegen, ein Vielfaches an Kraftstoff pro Jahr. Meinen täglichen Arbeitsweg von über 20 Kilometern lege ich mit dem Fahrrad zurück – und das macht mir sogar Freude.

Beschäftigst Du Dich mit dem Thema KI? Wie siehst Du den Ausblick damit für die nächsten Jahre?

Meine Meinung ändert nichts, der Geist ist aus der Flasche, aber natürlich ist es eine interessante Technologie. Für den Kreationsprozess wird es, abgesehen von trivialen Produkten, keine Rolle spielen. Die Alltagsarbeit kann KI revolutionieren, nur habe ich den Eindruck, viele schlaue Köpfe reden darüber, statt sich tatsächlich tief hinein in die Niederungen der Technik zu begeben. Es wäre nicht das erste Mal, während durch einige wenige große Player der Wirtschaft unvorteilhafte Fakten geschaffen werden.

Mir ist bei der Erzeugung eines Hörbuchs mit einer KI-Stimme jetzt aufgefallen, dass das Training der Stimmen auf Werken und Sprechern basiert, die dafür nicht belohnt werden. Das ist unsozial. Die Urheberrechte werden also verletzt, weil es momentan rechtsfreie Räume gibt. Das betrifft genauso Schreibkontrollprogramme, die mit dem Know-how von Autoren angelernt und verbessert werden.

Was war für Dich eine besonders gute Erfahrung während der Corona-Pandemie? Wie hat sich Dein Kontakt mit anderen Menschen dadurch verändert?

Ich hatte meinen kleinen Verlag am 1. März 2020 gegründet und am 8. März war Corona da. Mein Lauf- und Reisebuch „Abenteuer Baltikum“ war praktisch unverkäuflich. Da musste ich all meine vertriebliche Erfahrung ausspielen, um überhaupt weiter zu kommen.

Guido Lange

Gleichzeitig hat es viele Menschen gegeben, die anfingen zu wandern, Rad zu fahren, von der Haustür weg Urlaub zu machen. Eine super Sache. Ich hatte dadurch viel Kontakt mit Menschen jeden Alters, die sich für diese Welt interessieren. Ich hatte damals meine Wiese zur Verfügung gestellt über die Organisation Hinterland, damit diese Leute bei mir zelten konnten.

Leider scheint der Trend wieder eingeschlafen zu sein. Neulich hörte ich, dass des wöchentlich 400 Flüge nach Mallorca gibt, dass wir mehr CO2 als je zuvor produzieren. Das kann eigentlich nicht wahr sein, obwohl es mehr Homeoffice und weniger Dienstreisen gibt. Meine Sorge dabei ist, dass nach Corona und anderen schlimmen Nachrichten die Leute jetzt glauben, sie müssten nochmal richtig auf dem Vulkan tanzen, bevor die Erde untergeht. Sorry für diesen apokalyptische Anmerkung.

In einer Zeit, in der bisher definierte Berufsbereiche immer mehr ineinander übergehen und sich gemachte Erfahrungen im neuen Kontext verändern: wie politisch und/oder gesellschaftlich muss/darf unsere Arbeit sein?

Eine gesunde Haltung, wie ich sie schon habe durchblicken lassen, hat zu keiner Zeit geschadet. Ein Statement ich nicht gleich politisch, wenn man an die Vernunft appelliert. Wer sinnvoll etwas begründen kann, sollte seine Meinung äußern (können). Alles, was begründbar ist, kann und darf diskutiert werden. Nur so kann man Trends und Menschen begegnen, die sich von rationalen Argumenten abkoppeln. Das gilt auch für die Arbeitswelt, wo Politik kein Thema ist, aber Vernunft. Über eine Vorbildfunktion kann man andere Menschen erreichen und nimmt sie ernst.

Was war für Dich eine besonders gute Erfahrung? Was ist Dir im Job besonders gut gelungen? Was war für Dich eine völlig neue Erfahrung?

Ein früherer Vorgesetzter sagte mal: „Nur wer Menschen mag, kann Menschen führen“. Mir ist es gelungen, bei der Menschenführung erfolgreich zu sein, denn ich mag – Gott sei Dank – Menschen.

Als neue Erfahrung gilt, mit verwirrten Patienten, kaum deutschsprechenden Arzthelfer:innen, in meiner beruflichen Tätigkeit und mit anderweitigen Komplikationen, die auch Einwanderung mit sich bringt, klar zu kommen. Es ist immer spannend, in einer vielfältigen Umwelt zu leben, in der nicht mehr Stereotypen, sondern der Einzelfall die Regel sind.

Welche Tools arbeiten für Dich sinnvoll, womit erleichterst Du Deinen Alltag?

Alle digitale Kommunikation ist Fluch und Segen zugleich. Ich bin froh, nicht mit der Schreibmaschine umgehen zu müssen, aber die Computer nerven auch zu teilen. In einer gesunden Balance zwischen Nutzung von modernen Dingen und einer abwartenden Haltung, was gegen (meinen/ den gesunden) Menschenverstand spricht.

Hast Du ein Motto? Wenn ja, welches?

Früher hatte ich „Stillstand ist der Tod“. Das kann man heute nicht mehr so bringen, das ist zu eindimensional. Gemeint ist: Solange sich etwas bewegt, kann man lenken (man denke an ein Fahrzeug). Gemeint ist auch: selbst, wenn es abwärts geht, ist es immer noch besser, als Stillstand, denn dann kann man etwas tun. Am schönsten ist, es geht aufwärts und wir haben gutes Wetter. Vielleicht ist das mein neues Motto. (Im Ernst, ich habe momentan keins).

Wo findet man Dich in den sozialen Netzwerken?

Webseite: https://ampelpublishing.de/

Facebook: https://www.facebook.com/abenteuerbaltikum/

Instagram: https://www.instagram.com/abenteuerbaltikum

Blog: https://abenteuerbaltikum.com/

Youtube: https://www.youtube.com/@abenteurerguidolange

Foto von Guido Lange: Lars Poeck

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