Barber Angels – mit Würde, Anstand und viel Engagement

Die Barber Angels Brotherhood e.V., Chapter Hannover sind weit mehr als nur Friseure – sie sind ein engagiertes Team mit Herz und Schere. Ehrenamtlich schenken sie obdachlosen und bedürftigen Menschen neue Würde, indem sie dort tätig werden, wo andere längst vorbeigehen. Mit Kamm, Rasierer und echtem Mitgefühl sorgen sie für frische Haarschnitte – und oft auch für ein neues Stück Selbstvertrauen. Ein Gespräch mit Dirk Klose und Mirko Brinkmann über Solidarität, Menschlichkeit und die Kraft kleiner Gesten, die Großes bewirken.

Dirk Klose: 59 Jahre jung und seit 1982 Friseur. Optio also Stellvertretende Leitung vom Barber Angels Brotherhood Chapter Hannover.

Mirko Brinkmann: geb. in Hannover, seit 1990 als Versicherungskaufmann tätig, war bei den Johannitern und hat das ICE-Unglück von Eschede mit begleitet, seit 7 Jahren bei den Barber Angels erst als Orga, dann Optio (rechte Hand der Leitung), jetzt Zenturio (Leitung).

Wie seid ihr auf die Barber Angels Brotherhood aufmerksam geworden?

Dirk Klose: Ich habe einen Bericht auf Facebook gesehen, der mich sofort angesprochen hat.

Mirko Brinkmann: Ich kam über Dirk dazu. Beim Friseurbesuch erzählt man ja viel, und als er hörte, dass ich Soziale Arbeit studiert habe, meinte er: „Dich können wir gebrauchen!“ Ich antwortete, dass ich gar keine Haare schneiden kann – worauf er sagte: „Macht nichts, bei uns kann jeder mitmachen.“ Das hat mich überzeugt.

Wer sind die Barber Angels Brotherhood – und wie ist alles entstanden?

Dirk Klose: Gegründet wurde die Organisation vor neun Jahren von Claus Niedermaier in Biberach an der Riß.

Mirko Brinkmann: 2016 sah Niedermaier einen Fernsehbericht über Obdachlosigkeit. Er wollte mit seinem Handwerk helfen – so begann diese weltweite Mission.

Barber Angels

Wo gibt es euch inzwischen überall?

Dirk Klose: In allen Bundesländern, aber auch in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Spanien, Skandinavien, Südamerika, Südafrika, den USA und Griechenland.

Mirko Brinkmann: Insgesamt engagieren sich über 1.100 Barber Angels weltweit.

Was ist euer Ziel?

Mirko Brinkmann: Wir möchten Würde zurückgeben. Deshalb sprechen wir von „Gästen“ – ein Ausdruck der Wertschätzung für Menschen, die sonst oft übersehen werden. Ein Haarschnitt kann der erste Schritt in ein neues Leben sein.

Wie finanziert ihr eure Arbeit, und welche Unterstützung braucht ihr?

Dirk Klose: Wir sind auf Spenden angewiesen – ob Geld oder Sachspenden wie Hygieneartikel.

Mirko Brinkmann: Neben Mitgliedsbeiträgen finanzieren wir uns über Spenden. Zu jedem Haarschnitt gibt es ein „Goodybag“ mit Hygieneartikeln des täglichen Bedarfs. Wir dürfen Spendenbescheinigungen ausstellen und freuen uns besonders über Friseur*innen, die uns tatkräftig unterstützen möchten.

Was lernt ihr durch eure Arbeit über die Menschen am Rande der Gesellschaft?

Dirk Klose: Dass dieses Schicksal jeden treffen kann – das erdet einen.

Mirko Brinkmann: Ich habe gelernt, demütig und dankbar zu sein und die kleinen Dinge im Leben mehr zu schätzen.

Wer sind eure Gäste?

Dirk Klose: Menschen, die auf der Straße leben oder mit sehr wenig Geld auskommen müssen – zunehmend ältere Menschen mit Altersarmut.

Mirko Brinkmann: Zu uns kommen Menschen aus allen Lebensbereichen, meistens aber Obdachlose und Rentner*innen, deren Einkommen kaum reicht. Besonders betroffen sind viele Frauen.

Wie war euer erster Einsatz?

Dirk Klose: Mein erster Gast war Bernd – es war unglaublich herzlich. Ich hatte tolle Gespräche und bekam einen ganz neuen Blick auf das Leben am Rand der Gesellschaft.

Mirko Brinkmann: Mein erster Einsatz war ebenfalls beim Sommerfest von Hannover 96. Die vielen Menschen in Armut haben mich sehr bewegt. Diese Mischung aus Herzlichkeit, Offenheit und dem Gefühl, wirklich helfen zu können, war für mich ausschlaggebend, mitzumachen.

Was bedeutet dir ehrenamtliches Engagement?

Dirk Klose: Es holt mich auf den Boden, wenn ich beginne, mich über Kleinigkeiten zu beschweren.

Mirko Brinkmann: Ich hatte Glück im Leben – viele hatten das nicht. Wenn wir jemandem durch einen Haarschnitt ein Stück Würde und Freude zurückgeben, ist das unbezahlbar. Ehrenamt stärkt den Zusammenhalt unserer Gesellschaft.

Wie läuft ein typischer Einsatz eures Chapters in Hannover ab?

Dirk Klose: Wir treffen uns eine Stunde vor Beginn zum Aufbau. Die Gäste melden sich an, dürfen entscheiden, ob sie fotografiert werden möchten, und bekommen dann ihren Haar- oder Bartschnitt. Danach gibt es Hygieneartikel. Nach etwa drei Stunden packen wir zusammen und gehen zusammen essen – wie eine große Familie.

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Wie organisiert ihr euch in Hannover?

Dirk Klose: Unser Team besteht aus sechs Friseur*innen, drei Orga-Engeln und einem Fotografen. Mit „Pro Beruf“ arbeiten wir eng zusammen – die bringen meist sechs bis acht Azubis mit. Etwa alle acht Wochen treffen wir uns zum Stammtisch.

Mit welchen Einrichtungen arbeitet ihr zusammen?

Dirk Klose: Hauptsächlich mit der Caritas Hannover, dem Café Mensch der Obdachlosenhilfe und dem Projekt DÜK – Dach über dem Kopf.

Wie gehst du persönlich mit den Schicksalen um, die euch begegnen?

Dirk Klose: Manche Geschichten lassen einen nicht los.

Mirko Brinkmann: Mein Studium hat mir geholfen, professionell mit solchen Situationen umzugehen, aber manche Begegnungen berühren mich tief – etwa, wenn eine 96-jährige Frau demütig um einen Haarschnitt bittet. Doch ein Lächeln oder eine Umarmung danach macht alles wieder gut.

Was bedeutet das Thema Würde für euch?

Dirk Klose: Würde steht jedem zu. Die Reaktionen unserer Gäste zeigen, wie wichtig äußere Pflege für das Selbstwertgefühl ist.

Mirko Brinkmann: Würde ist Haltung – zu sich selbst und zu anderen. Wer sich selbst achtet, kann auch andere achten.

Wie reagiert die Stadtgesellschaft auf euch?

Dirk Klose: Da wir meist in geschlossenen Räumen arbeiten, bekommen Passant*innen nur über die Presse mit, was wir tun. Das Interesse wächst aber stetig.

Mirko Brinkmann: Seit ich Ende 2024 die Leitung des Chapters übernommen habe, suche ich aktiv den Kontakt zu Medien – mit Erfolg, auch dank der Zusammenarbeit mit „Asphalt“. Netzwerkarbeit ist ein zentraler Teil unserer Arbeit.

Welche Aktionen stehen als Nächstes an?

Dirk Klose: DIE!!! Weihnachtsfeier! Etwa 850 Gäste kommen zum Essen, rund 500 anschließend zu uns. 87 Barber Angels aus ganz Deutschland sind dabei – mit kostenlosen Haar- und Bartschnitten und Hygieneartikeln.

Wie kann man euch unterstützen?

Dirk Klose: Jede Spende hilft – besonders Duschgel (am besten 3-in-1), Zahnpasta und -bürsten, Feilen, Bodylotion, Lippenpflege, Handcreme, Brausetabletten, Rettungsdecken, Kämme und Bürsten.

Wenn du die Barber Angels in einem Satz beschreiben müsstest – wie würde er lauten?

Dirk Klose: Eine große Familie, die Bedürftigen hilft.

Mirko Brinkmann: Gemeinsam, weniger allein.

Welcher Gedanke begleitet dich bei deinem Engagement?

Dirk Klose: Ich freue mich, Menschen ein Stück Würde zurückzugeben – und auf jedes Gespräch dabei.

Mirko Brinkmann: Tue Gutes, und dir wird Gutes widerfahren.

Links:

Barber Angels Brotherhood e.V. https://b-a-b.club/

Instagram https://www.instagram.com/barberangelsbrotherhood/

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